Wie alles begann...
Rock ’n’ Roll ist ein paarweise getanzter aktrobatischer Schau und Turniertanz, der obwohl in
den USA
entstanden, heute überwiegend in Europa anzutreffen ist. Parallel zur Musikrichtung Rock ’n’
Roll haben
sich die dazu passenden Tänze entwickelt. Aus dem um 1920 entstandenen Swing entwickelte sich in
den USA
sehr früh der Lindy Hop, der erstmals akrobatische Elemente in einen Paartanz einfließen ließ.
Dieser
wiederum erfuhr um 1940 eine Abwandlung zum Boogie-Woogie, der auf deutlich schnellerer Musik
basierte.
Mit Aufkommen der Rock-’n’-Roll-Musik um 1955 wurde schließlich aus dem Boogie-Woogie von der
protestgesteuerten Jugendbewegung der Rock ’n’ Roll erschaffen.
Charakteristik
Rock ’n’ Roll ist ein fröhlicher, schneller und sportlicher
Tanz, der
stark zuschauerorientiert ist. Er ist geprägt von hoher Präzision der Bewegungen bei hohem Tempo
und der
flüssigen Kombination von Tanz und spektakulärer Akrobatik, welche teilweise mit den Ängsten des
Zuschauers spielt.
Rhythmus und Musik
Rock ’n’ Roll wird auf Musik im 4/4-Takt getanzt, die
typischerweise
einen deutlichen Offbeat aufweist. Im Gegensatz zum Offbeat der Musik wird der Tanz auf den
Schlägen 1
und 3 betont. Die Musik ist mit 46 bis 52 TPM sehr schnell. Heute wird nur noch selten auf echte
Rock’n’Roll-Stücke getanzt, stattdessen hört man auf Turnieren vor allem moderne Disco- und
Popmusik.
Technik
Charakteristisch für den Rock ’n’ Roll sind der gesprungene
Grundschritt mit Kicks und Kick-Ball-Change und die Akrobatiken. Rock ’n’ Roll wird geradlinig
getanzt,
Kicks und Armbewegungen stehen in einem klar erkennbaren, regelmäßigen Winkel zueinander. Die
Tänzer
tanzen fast ausschließlich auf den Fußballen, mit Ausnahme der Akrobatiken, bei denen der Herr
einen
festen, breitbeinigen Stand einnimmt. Bewegungen werden typischerweise schnell und zackig
ausgeführt,
Arme und Beine sind in gleichem Maße beteiligt. Rock ’n’ Roll übernimmt häufig Elemente aus
anderen
Tänzen, besonders aus Aerobic, aus Jazz Dance oder aus den Lateinamerikanischen Tänzen.
Allgemein ist,
abgesehen von der Grundtechnik, die Gestaltungsfreiheit der Paare im Rock ’n’ Roll recht groß,
so dass
verschiedene Paare oft deutlich unterschiedliche Stile tanzen.
Akrobatiken
Grundlage vieler Akrobatiken sind die Körperwelle und der
Einsteiger.
Die Körperwelle besteht aus einer kräftigen Vor-Rück-Bewegung des Beckens, verbunden mit
einem
Aufrichten durch Strecken der Knie. Sie leitet eine Aufwärtsbewegung der meist
eingegrätschten
Dame ein,
so dass der Herr durch Nutzung seiner Gesäß-, Bauch- und Oberschenkel-Muskeln wenig Armkraft
benötigt,
um die Dame in die Höhe zu heben. Der Einsteiger ist eine sportliche Variante der
Räuberleiter:
Der Herr
steht tief in den Knien und formt mit beiden Händen ein Trittbrett, auf das die Dame
aufspringt.
Der
Schwung des Einspringens wird ausgenutzt, um die Dame mehrere Meter in die Luft zu
katapultieren, wo sie
beispielsweise einen Salto ausführen kann. Aufgrund von Änderungen in der Tanzsportordnung
darf
in der
Schülerklasse seit 2007 keine Akrobatik mehr getanzt werden, und auch in der
Junioren-/D-Klasse
wurde
der Schwierigkeitsgrad der Akrobatiken reduziert.
Typische Akrobatikfiguren des Tanzsports sind:
- Junioren
- Bombe, Grätschsitz, Doppelgrätsche bis Schulterhöhe, Fisch, Hochzeitssitz, Lasso, Lift, Münchner, Oberschenkelstand, Schaukel, Schleuder, Shalom, Teller, Scherenteller
- C-Klasse
- Schwan, Eis, doppelte Liegepirouette, C-Kugel, Flieger, seitlicher Todessprung, Italiener, Münchner rückwärts, Sagi, Schlange, flacher Schwede
- B-Klasse
- Berliner, Wickler, Bettarini, Einsteiger, Käskehre, Kerze, Landshuter, Rückenwurf, Schocksalto, Stern, Valentino, Winterthur
- A-Klasse
- Einsteiger Rückwärtssalto vorwärts oder rückwärts (auch doppelt), Bettarini-Salto, A-Schulterkugel, Propeller, Dulaine, Taucher, Todessturz
Tanzfiguren
Um eine einheitliche Turnier-Bewertungsgrundlage zu
erhalten,
ist es
notwendig, im Rock ’n’ Roll gewöhnliche Tanzfiguren scharf von Akrobatiken abzugrenzen.
Tanzfigur heißt
im Rock ’n’ Roll jede Tanzfigur, die ein Tänzer alleine ausführen kann. Überschläge sind
keine
Tanzfiguren, sondern Akrobatiken. Diese dürfen erst ab einem bestimmten Alter, und in einer
bestimmten
Tanzklasse ausgeführt werden. Stationäre Figuren, bei denen ein Tanzpartner den anderen
stützt,
heißen
Tanzfiguren, solange beide Tänzer festen Bodenkontakt haben. Besonders letztere Regel ist
Rock’n’Roll-spezifisch, denn hier gelten insbesondere Fallfiguren, die in anderen Tanzformen
streng
reglementiert sind, als unbedenklich. Tanzfiguren im Rock ’n’ Roll sind (im Gegensatz etwa
zu
den
Standardtänzen oder Lateinamerikanischen Tänzen) bis auf wenige Ausnahmen nicht
festgeschrieben
und
tragen auch nicht immer Namen, wodurch Rock’n’Roll-Choreografien sehr individuell sind. Die
hohe
Geschwindigkeit und der begrenzte Körperkontakt machen das komplexe Wechselspiel von
Führen-und-Geführt-werden schwierig. Bei Shows und auf Turnieren sind Figurenfolgen daher im
Vorhinein
abgesprochen und eingeübt.
Kleidung
In der Anfangszeit des Rock ’n’ Roll galten Petticoat und
Jeans
als
stilechte Bekleidung. Für den heutigen Tanzstil ist diese Kleidung jedoch zu schwer und
schränkt
die
Bewegungsmöglichkeiten zu sehr ein. Rock ’n’ Roll wird auf Turnieren in ein- oder
zweiteiligen
anzugförmigen Kostümen aus elastischen Kunstfasern getanzt, die oft in grellbunten Farben
gehalten und
mit glitzernden Strasssteinen geschmückt sind. Die Kleidungsstoffe sind dehnbar und
reißfest,
denn sie
werden insbesondere bei Wickelfiguren erheblichen Belastungen ausgesetzt, zudem sind sie
glatt
und
rutschig um Verkantungen und Reibungsverletzungen bei Akrobatiken wie dem Todessturz
vorzubeugen. Die
Kostüme werden meist für jedes Paar individuell nach Maß angefertigt. Das Schuhwerk muss
guten
Halt und
Schutz vor Verletzungen durch Umknicken bieten, gleichzeitig leicht sein und dem Fuß
Bewegungsfreiheit
gewähren. Daher nutzen die meisten Rock’n’Roll-Tänzer heute spezielle Rock’n’Roll-Schuhe,
oder
Aerobicschuhe. Tänzerinnen wählen häufig leichte, schwarze Turnschuhe, die mit ihrer
gedämpften
Gummisohle den Abwärtsschwung nach Freiluftakrobatiken rückenschonender abfangen.
Tanzsport
Auf Rock’n’Roll-Turnieren präsentieren einzelne Paare oder
ganze
Formationen einstudierte Choreografien inklusive Akrobatik. Die Bewertungsrichtlinien
konzentrieren sich
auf (a) die Fußtechnik, (b) den tänzerischen Gesamteindruck des Paares und (c) die Qualität
der
dargebotenen Akrobatiken. Die Bewertungsregeln sind für alle Klassen einheitlich, bis auf
eine
stärkere
Gewichtung der Akrobatik in den höheren Klassen. In den höheren Klassen (B und A) werden
zwei
Choreografien verlangt: eine schnelle Fußtechnik, die ausschließlich aus Tanzfiguren besteht
und
eine
langsamere Akrobatik, die vor allem Akrobatiken beinhaltet.
Man unterscheidet Einzel-, Mannschafts- und Formationswettbewerbe. Mannschaftswettbewerbe
werden
wie
Einzelwettbewerbe durchgeführt, aber am Ende werden die Bewertungen der einzelnen
Mitgliedspaare
miteinander verrechnet. Für alle drei Wettbewerbsarten gibt es ein organisiertes System von
Tanzklassen.
In Deutschland gibt es die Turnierklassen A, B, C, D, Junioren und Schüler, wobei A die
höchste
Startklasse bezeichnet, sowie die Formationsklassen Master, Quartett, Jugend, Freedance,
Freedance
Jugend und Duo.
Jeweils die Spitze der A-, der Schüler- und der Juniorenklasse werden für die
Nationalmannschaft
durch
den Bundestrainer nominiert. International dürfen nun auch die Tanzpaare der B-Klasse
starten.
Hierfür
gibt es eigene World Cups und es findet keine Nominierung durch den Bundestrainer statt.
Der Rock’n’Roll-Tanzsport wird in Deutschland vom Deutschen Rcok ‚n’ Roll und Boogie-Woogie
Verband e.V.
(DRBV) gepflegt, der dem Deutschen Tanzsportverband (DTV) als eigenständiger Fachverband
angegliedert
ist und Mitglied im Deutschen Sportbund ist. In Österreich ist hierfür der Österreichische
Rock
’n’ Roll
Verband (ÖRRV) zuständig. International werden Rock’n’Roll-Turniere von der World
Rock’n’Roll
Confederation (WRRC) koordiniert. All diese Verbände sorgen für die Durchführung von
Turnieren
unter
Einhaltung der Turnierrichtlinien, die Ausbildung von Trainern und Wertungsrichtern, die
Förderung der
Vereine usw.
Organisation und Turniere
Der Rock ’n’ Roll wird innerhalb Deutschlands vom Deutschen
Rock ’n’
Roll und Boogie-Woogie Verband e. V. und weltweit von der World Rock ’n’ Roll Confederation
gepflegt,
die auch die Richtlinien für nationale und internationale Meisterschaften durchsetzen. In
Deutschland
gibt es die Turnierklassen A, B, C, Junioren und Schüler, wobei A die höchste Startklasse
bezeichnet,
sowie die Formationsklassen Master, Quartett und Schüler/Junioren. Die D-Klasse wird jedoch
zum
1.
Januar 2009 abgeschafft. International werden die Klassen Main Class, B Class, Juniors und
Youth
geführt, wobei Main Class die höchste Startklasse ist.
Innerhalb des Österreichischen Rock-’n’-Roll-Verbandes gibt es geringfügige Unterschiede bei
den
Turnierklassen. Die Klassen der Erwachsenen unterteilen sich in A, B, C, wobei auch hier A
die
höchste
Startklasse darstellt. Die D-Klasse ist in Österreich nicht vorhanden. Dafür gibt es
zusätzlich
zu den
Schülern und Junioren noch die Basic- bzw. Einsteigerklasse um den ganz jungen Paaren einen
leichteren
Einstieg in das Turniergeschehen zu ermöglichen. Nach spätestens zehn Turnieren in der
Einsteigerklasse
muss das Paar dann in der Schülerklasse antreten.