Rock ’n’ Roll ist mehr als Petticoat!
In Amerika beginnt die Geschichte des Rock ’n’ Roll. 1927 tanzen die Afroamerikaner in den
Straßen von
New York den „Lindyhop“.
Dabei geht es wild zu: Sprünge, Kicks, Handstände und akrobatische Einlagen wie Hebungen gehören
zum
Boogie-Woogie-Grundschritt dazu. Da ist es auch schon mal die Frau, die den Mann über die
Tanzfläche
schleudert… Bald wird der Tanzschritt umbenannt in „Jitterbug“, was so viel bedeutet wie
„Zitterwanze“.
Obwohl dies in mehr als einer Hinsicht auf den ungestümen und von Lebensfreude sprudelnden Tanz
zutrifft, lehnten die Engländer die Bezeichnung ab und benannten ihn wiederum „Jive“. Einen
weiteren
Namen erhielt er 1945. „Bebop“ konnte sich aber nicht halten und in den sechziger Jahren einigte
man
sich auf „Jive“.
In den USA erreichte diese Art zu tanzen und Musik zu machen
nie die
gleiche Popularität wie in Deutschland. Ein Grund war sicherlich die in Amerika noch
vorherrschende
Rassentrennung von Schwarz und Weiß. Was die Schwarzen begeisterte, hatten die Weißen
abzulehnen… Dies
änderte sich zwar 1954 mit der Aufhebung der Rassentrennung, doch bald musste der Rock’n’Roll
als
Sündenbock herhalten. Die ausgelassene und körpernahe Art zu tanzen sei „unmoralisch“ und wurde
für
Aufruhr unter Jugendlichen verantwortlich gemacht. Wer Rock ’n’ Roll tanzte, galt als
Krimineller. Rock
’n’ Roll, was übersetzt „wiegen und rollen“ bedeutet, war für Schwarze schon ein feststehender
Begriff
mit einer deutlichen sexuellen Anspielung. Gefestigt wurde der Begriff aber erst von einem
weißen
Radio-DJ, der das Lied „Rock, rock, rock everybody – roll, roll, roll everybody“ durch sein
Mikrofon
laut mitsang.
Mit Bill Haleys „Rock around the clock“ und Elvis Presleys
neuartiger,
faszinierender Musik gelingt dem Rock ’n’ Roll der Durchbruch. Die Musik steht den ruhigen
Klängen Frank
Sinatras, dem die Erwachsenen lauschen, gegenüber. Provokant, laut, schnell und anders sind die
Rhythmen
der Jugend. In den Tanzschulen hingegen wird noch nach der Pfeife der Älteren getanzt und die
Boogie-Woogie-Schritte gelehrt. In den späten 50ern endlich greift die Musik über und Rock ’n’
Roll wird
zu DEM Tanz. Besonders in Deutschland, Frankreich und Österreich schwingt man das Bein und den
Petticoat; die Schweiz kann sich ein paar Jahre ebenfalls dafür begeistern.
Rock ’n’ Roll heute
Heute trennt man zwei Arten von Rock ’n’ Roll: Den Plausch-Rock
’n’
Roll, den jeder tanzen kann und der je nach Generation meist unterschiedlich gut beherrscht
wird, und
den Turniertanz-Rock ’n’ Roll, der als „die sportlichste Art zu tanzen“ gilt. Bei den
Sportwettkämpfen
werden die Paare unter anderem nach Grundtechnik, Akrobatik, Harmonie im Paar und Choreographie
bewertet.
Um sich in Kondition, Technik und Kraft zu üben, trainieren die
Paare
zwei- bis fünfmal pro Woche zwei bis drei Stunden. Zuerst lernt man die Basis: Grundschritt,
einfache
Drehungen und Akrobatiken. Die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade der Einlagen haben dazu
geführt,
dass der Tanzsport in Tanzklassen unterteilt ist. In jeder Klasse gibt es strenge Auflagen, die
bei den
Akrobatikausführungen berücksichtigt werden müssen. So darf im Breitensport bei einer Akrobatik
die
Hüfte der Frau nicht über den Kopf des Herrn gehoben werden, in der B-Klasse muss fast jede
Akrobatik
geführt werden und in der A-Klasse darf der Doppelsalto erst ab der Zwischenrunde getanzt
werden.
In der choreographisch sorgsam ausgearbeiteten Fußtechnik
steckt
meistens genauso viel Arbeit wie in der sicheren Ausführung der Akrobatik. Das harte Training
wird
einerseits von Schüler- und Juniorenklassen in den Meisterschaften präsentiert und andererseits
von
Tanzpaaren in der A-, B- und C-Klasse (A hat das höchste Niveau). Zusätzlich haben bei
Breitensportwettbewerben alle aktiven Rock ’n’ Roll-Paare, die noch nicht in den Klassen tanzen,
die
Möglichkeit ihr Können darzustellen und sich von geübten Wertungsrichtern beurteilen zu lassen.
Formationstanzen
Seit 1984 wird auch um den Weltmeistertitel im Formationstanz
gekämpft.
Gruppen von Tanzpaaren haben vier Minuten Zeit (davon jeweils eine halbe Minute für Ein- und
Ausmarsch)
mit spektakulärer Akrobatik, kreativer Choreographie und Harmonie im Team eine Rock ’n’
Roll-Show
darzubieten.